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Ein Jahr Bitcoin in El Salvador, PayPal mit Super-Gau und iranische Protestbewegung erreicht Bitcoin

Vor über einem Jahr hat El Salvador Bitcoin als Landeswährung eingeführt. Wie hat sich das Land entwickelt, wie geht es der Bevölkerung und wie ist die Bilanz von Präsident Bukele? Ausserdem alles Aktuelle aus der Weltwirtschaft und Bitcoin.

Grüezi miteinander und einen guten Morgen aus Zürich

Danke vielmals für die zahlreichen Rückmeldungen zum letzten Newsletter. Hat mich riesig gefreut! Heute haben wir vier sehr aktuelle Themen und einen ausführlichen Rückblick zu einem Jahr Bitcoin als Landeswährung in El Salvador. Eines Vorweg: Die Bilanz der Bitcoin Einführung ist wirtschaftlich gesehen höchst erfreulich und wird noch einige Länder auf den Plan bringen.

Aber worum geht es heute genau?

  1. Deep Dive El Salvador: Ein Jahr mit Bitcoin als Nationalwährung

  2. WIGO - What is going on?

    1. PayPal büsst Nutzer mit bis zu USD 2'500 bei falscher Meinung

    2. EU verbietet Bitcoin und Crypto Zahlungen aus Russland

    3. Lukashenko verbietet Inflation

    4. Iranischer Bitcoin Aktivist Ziya Sadr bei Protesten festgenommen

  3. Meme of the week: Regierung verbietet Bitcoin

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Deep Dive El Salvador: Ein Jahr mit Bitcoin als Nationalwährung

Vor mehr als einem Jahr führte der Kleinstaat El Salvador als erstes Land Bitcoin als nationale Währung ein. Neben dem USD sollten alle Bürgerinnen und Bürger mit Bitcoin zahlen können. Damit einhergehend hat der Präsident, Nayib Bukele, auch weitgehende Kritik am bisherigen System der USD Abhängigkeit geäussert. Er trat in bekannten Bitcoin Podcasts auf und erklärte, wieso El Salvador bislang sehr stark unter dem USD als einzige Währung gelitten hat. Um das Gesetz auch griffig zu gestalten, waren ab dem 07. September 2021 alle Läden verpflichtet, Bitcoin als Zahlungsmittel zu akzeptieren. Ausserdem erhielten alle Einwohner 30 USD in Bitcoin geschenkt.

Die Gegenwehr etablierter Kreise war und ist gewaltig. Von der New York Times, zur Financial Times bis hin zur Washington Post und dem internationalen Währungsfonds (IWF oder IMF) - kaum ein renommiertes Medium oder eine internationale Organisation, welche Präsident Bukele nicht massiv angriff. Das Experiment wurde als gescheitert bezeichnet, der Präsident der Inkompetenz bezichtigt und man meinte, El Salvador werde Konkurs gehen.

Als neutraler Beobachter fragte man sich, wieso die alle so am hyperventilieren sind? Bis kurz vor der Ankündigung kümmerte man sich keinen Deut um das Wohlergehen eines der ärmsten Länder auf dem amerikanischen Kontinent.

Präsident Bukele hat sich oft darüber beklagt, dass man El Salvador als ärmstes Land mit einer der höchsten Kriminalitätsraten lange ausnutzte und alleine liess. In seiner Ansprache vor dem UNO Sicherheitsrat im September sagte er, dass das Land von einem der gefährlichsten Orte der Welt zu einem Tourismus Hotspot und ein Land der Opportunitäten wurde. Und dass sich die mächtigen Länder und Organisation raushalten sollten. Ausserdem verfasste er eine Replik auf die neuste Kritik mit dem provokativen Titel "Stop Drinking the Elite's Kool-Aid". Bei dieser Kritik geht es in erster Linie darum, dass das Land 50% im Minus ist seit seinem Initialinvestment in Bitcoin (total USD 50m).

Wie sieht es denn jetzt aber tatsächlich aus? Wir gehen der Sache auf den Grund.

Natürlich, niemand sitzt gerne auf einem Buchverlust. Aber El Salvador hat keine Bitcoin verkauft und wird es kurz- bis mittelfristig auch nicht müssen. Von da her sind USD 50m (0.17% des BIP) Minus auf Papier nicht tragisch und die Panikmache der Medien absurd. Das Land erwirtschaftet USD 28 Mrd. pro Jahr, da ist eine temporäre Wertminderung von USD 50m kein Grund, die drohende Zahlungsunfähigkeit zu verkünden. 

Das Gegenteil ist der Fall. Im Gegensatz zu praktisch allen westlichen Ländern hat sich El Salvador wirtschaftlich sehr positiv entwickelt. Wenn auch zugegeben von einem tiefen Niveau. So positiv gar, dass Präsident Bukele offerierte, sämtliche Staatsobligationen mit der Maturität bis zum Jahr 2025 zurückzukaufen. Davon können andere Staatsoberhäupter in der momentanen Schuldenkrise nur träumen.

Doch woher kommt das Geld für die mögliche frühzeitige Rückzahlung? Ein kurzer Blick in die Wirtschaftszahlen genügt, um zu sehen wie sich El Salvador nach der Einführung von Bitcoin als Währung entwickelte: (Die Zahlen stammen aus obenstehenden Veröffentlichungen der Regierung, die meisten können auf IWF offiziell verifiziert werden)

  • BIP wuchs um 10.3%

  • Tourismus Einkünfte wuchsen um 52%

  • Exporte nahmen um 17% zu

  • Beschäftigungsgrad nahm um 7% zu

  • Anzahl neuer Unternehmen stieg um 12%

  • Kriminalität sank um 95%

  • Energieproduktion nahm um 19% zu aufgrund von Bitcoin Mining und

  • Energieexporte stiegen um unglaubliche 3'291%

  • Das alles führte zu Steuermehreinnahmen von 37% gegenüber dem Vorjahr - ohne Steuererhöhungen.

Nun gut, jetzt ist erst ein Jahr rum und dementsprechend kann sich Präsident Bukele noch nicht mit langfristiger Belastbarkeit brüsten. Auf jeden Fall ist die niederschmetternde Kritik der Medien nicht angebracht und der Start mit Bitcoin als gesetzliches Zahlungsmittel darf als Erfolg bezeichnet werden. Auch hier gilt, Korrelation ist nicht gleich Kausalität. Positive Zeichen der Wirtschafts- und geldpolitischen Reformen sind aber zweifellos zu erkennen. Nach El Salvador hat übrigens auch die zentralafrikanische Republik nachgezogen und Bitcoin als Landeswährung definiert. Weitere dürften folgen.

Der Fairness halber ist hier wichtig zu erwähnen, dass Präsident Bukele neben wirtschaftlichen Reformen einige sehr fragwürdige Veränderungen anstoss. Alex Gladstein, überzeugter Bitcoiner, Autor des Buches Check Your Financial Privilege und CSO der Human Rights Foundation (HRF) mahnt immer wieder über die autoritären Züge von Bukele's Präsidentschaft. Beispielsweise mit diesem und unzähligen weiteren Tweets. Mir fehlt da leider der Durchblick und ich kann das (noch) zu wenig beurteilen. Wir bleiben dran, sind weiterhin optimistisch bezüglich den geldpolitischen Veränderungen und skeptisch gegenüber dem Rest.

Der grösste Bitcoin Podcast im deutschsprachigen Raum, Einundzwanzig, hat eine spannende Ausgabe dazu veröffentlicht. Sie gehen in die Tiefe und schauen sich das Ganze so neutral wie möglich an.

WIGO #1: PayPal büsst Nutzer mit bis zu USD 2'500 bei falscher Meinung

Ein Skandal erster Güte leistete sich PayPal diese Woche. Und zwar wollten sie die AGB anpassen und Nutzer mit bis zu USD 2'500 büssen, sollten sie irgendwo Falschinformationen publizieren. Der genaue Wortlaut lautete, dass Paypal bei “sending, posting, or publication of messages, content, or materials that meet certain criteria” bis zu USD 2'500 vom Konto einziehen könnten.

Man muss sich das mal auf der Zunge vergehen lassen. Da nimmt sich eine private Finanzfirma das Recht, ihre Nutzerinnen und Nutzer ohne Rechtsverfahren zu büssen, sollten sie nicht die "korrekte" Meinung vertreten. Ein No-Go sondergleichen. Wenig überraschend, war der Aufschrei riesig. Die Gründer (inkl. Elon Musk), ehemalige Mitarbeiter und x-tausende Kunden haben sich öffentlich dagegen aufgelehnt.

Der Aufschrei war so gross, dass sich die Führung gezwungen sah, die Änderung der AGB zurückzunehmen. Die öffentliche Erklärung war, dass es sich um einen Fehler handelte und man diese Änderung gar nie reinnehmen wollte. Der Schaden war angerichtet und der Aktienkurs verlor bis zu 8% am Montag.

Die Geschäftsleitung ist vermutlich gross in Bitcoin investiert. Ich kann mir auf jeden Fall keine bessere Werbung als solche Aktionen vorstellen.

WIGO #2: EU verbannt Bitcoin und Crypto Zahlungen aus Russland

Die Regierenden der EU haben leider mit einer kürzlichen Massnahme gezeigt, dass sie Bitcoin nach wie vor nicht verstehen. Sie haben Sanktionen neu auch auf Bitcoin und Crypto Zahlungen ausgeweitet. Wallet Hersteller und Kryptobörsen waren bereits vorher sanktioniert, aber neu hat man die Sanktionen auch auf sämtliche Privattransaktionen ausgeweitet.

Nur leider ist das unmöglich. Das ist ja genau das Alleinstellungsmerkmal von Bitcoin. Nichts und niemand kann das Protokoll stoppen.  Russische Privatpersonen können x-beliebige private keys (ohne geografische Erkennung) generieren. Bitcoin ist ein dezentrales Protokoll. Es ist überall und nirgends. Es kennt keine Landesgrenzen. Das wäre, wie wenn die EU sagen würde, ab sofort ist das atmen russischer Luft verboten. Viel Spass beim Messen und Stoppen dessen in allen umliegenden Länder.

Es ist also lediglich eine "virtue signalling(= man sagt etwas nur um gut da zu stehen) Massnahme ohne jegliche Wirkung. Ausserdem wichtig - die Ukraine gehört zur weltweit grössten Halterin von Bitcoin (sowohl das Land als solches als auch die Regierenden privat und auch die Bevölkerung). Insbesondere die Abgrenzung der besetzten und rückeroberten östlichen Gebiete dürfte demnach so oder so enorm schwierig werden, ohne dass man sich da ein Eigentor schiessen würde.

WIGO #3: Lukashenko verbietet Inflation

Im Sog der obenstehenden intelligenten Entscheidungen, holt sich der weissrussische Präsident Lukashenko die Krone. Er hat nämlich endlich eine Lösung für das Inflationsproblem gefunden. Er verbietet sie einfach. Ab sofort sind Preiserhöhungen in Weissrussland nicht mehr erlaubt.

Dieses Konzept der Preisdeckelung durch Regierungen poppt immer mal bei unbelehrbaren Politikerinnen und Politiker auf. Scheitert aber auch jedes Mal auf die gleiche Art. Es wird den Handel und die Produktion von Waren in den Schwarzmarkt treiben und/oder komplett verunmöglichen. Das ist schon seit dem Niedergang des römischen Reiches bekannt. Damals im Jahre 301 n. Chr. hat der Kaiser Diokletian das Höchstpreisedikt erlassen. Manch ein Historiker erkennt darin den Anfang vom Ende des römischen Reiches.

Man denkt sich, nun gut der Diktator Lukashenko hat vielleicht noch ganz andere Probleme. Wohl wahr. Leider aber sind solche marktmanipulativen und gefährlichen Allmachtsfantasien auch bei den umliegenden Länder nicht weit. Ursula von der Leyen forderte erst kürzlich die Deckelung der Energiepreise.

WIGO #4: Iranischer Bitcoin Aktivist Ziya Sadr bei Protesten festgenommen

Wie man überall lesen kann, wird im Iran gerade heftig protestiert. Das Ganze startete mit dem Tod von Mahsa Amini. Sie wurde von der Sittenpolizei festgenommen aufgrund des Nichttragens des Kopftuchs und starb anschliessend in Gefangenschaft. Seither gehen Tausende Frauen und Männer auf die Strasse um gegen die Grausamkeiten des Regimes und für die individuelle Freiheit zu demonstrieren. Die, trotz der immer heftigeren Repressionen der Regierung (es gab schon fast 200 Todesopfer), stets grösser werdende Protestbewegung verdient allergrössten Respekt und es bleibt zu hoffen, dass sie reüssieren.

Nun erreicht uns die Nachricht, dass Ziya Sadr, der im Iran bekannte Bitcoin Aktivist, auch unter den Gefangenen ist. Ziya hat sich seit 2016 dafür eingesetzt, dass die iranische Bevölkerung mehr Freiheit durch Bitcoin erlangt. Er hat ganz viele Bücher, Blogs und Lernmaterial in Farsi übersetzt und unterhält einen Youtube Kanal. Er sah Bitcoin als Befreiungstool für Menschen, die unter einem tyrannischen System leiden. Zu westlichen Bitcoin Kritikern sagte er dann auch "They will never understand what Bitcoin means unless they live like us." Alex Gladstein hat untenstehend einen informativen Twitter Thread zu allen Arbeiten von Ziya verfasst.

Nun war das offenbar dem iranischen Regime ein Dorn im Auge und so wurde er Zuhause verhaftet. Seither fehlt jede Spur von ihm. Es bleibt zu hoffen, dass sich die Protestierenden durchsetzen und dass alle Gefangenen so schnell wie möglich freigelassen werden.

Meme of the week: Regierungen verbieten Bitcoin

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